Dr. W. Hume Hart, Ernst Vohsen und E. Keller (v.l.), Mitglieder der Timmene-Expedition 1882. Koloniale Rundschau 1919, Heft 4/6.
Emil Keller
Weinfelden, Sierra Leone
Kaufmann, Forschungsreisender, Kartograf
Emil Keller war ein Schweizer Kaufmann aus Weinfelden (TG) und zwischen 1883 und 1889 korrespondierendes Mitglied der Ostschweizerischen Geographisch-Commerziellen Gesellschaft (OGCG). 1882 nahm Keller als Agent an einer Expedition ins «Timmene-Gebiet» (Temne-Land) in Sierra Leone Teil. Auf Einladung der OGCG hielt der Kaufmann im November 1883 in St. Gallen einen Vortrag über seine Reise und die Situation an der Westküste und vermachte dem Museum eine Sammlung, darunter "Kleidung, Schmuck, Waffen und Landesprodukte». Bei dieser Gelegenheit wurde auch ein Säbel mit Elfenbeingriff und Lederscheide (C 0001_1) sowie ein Musikinstrument «Marimba» (C 0242_61) erworben, die heute im Kulturmuseum St.Gallen in der Sammlungspräsentation «Welten sammeln» gezeigt werden. Zwischen 1884 und 1889 wird im Mitgliederverzeichnis ein «Ed. Keller» aufgeführt, der sich ab 1884 und bis 1889 in Rotombo, Sierra Leone und danach in Rio Pongo, Guinea aufhält und als «Agent de la Compagnie Française de l’Afrique Occidentale» tätig ist. 1889 hielt sich Keller in der Schweiz auf und schenkte dem Museum 36 Objekte aus Westafrika.
Im November 1882 unternahm Ernst Vohsen (1853-1919) im Auftrag der "Compagnie du Sénégal et de la Côte occidentale d’Afrique" eine Expedition ins «Timmeneh-Gebiet» (Temne-Land) im östlichen Sierra Leone. Der deutsche Konsul wurde neben Emil Keller vom englischen Arzt Dr. W. Hart begleitet. Mitte des 19. Jahrhunderts war die Region politisch und sprachlich stark fragmentiert. Sierra Leone war von verschiedenen lokalen Gesellschaften und politischen Einheiten geprägt, darunter die Temne, Mende, und andere Gemeinschaften, die jeweils ihre eigenen sozialen und politischen Strukturen hatten. Im 19. Jahrhundert nahmen die Spannungen durch den Einfluss der britischen Kolonialmacht in dieser Region zu. Die Briten, die seit dem frühen 19. Jahrhundert in Sierra Leone aktiv waren, versuchten ihre Kontrolle über die Region auszweiten. Ihre Bemühungen, Handelsrouten und Ressourcen wie beispielsweise Elfenbein zu kontrollieren, führten zu Konflikten – sowohl mit lokalen als auch mit benachbarten Gruppen sowie mit den europäischen Kolonialmächten. Das erklärte Ziel der Expedition, an der Emil Keller im November 1882 teilnahm, war – neben der kartografischen Erfassung der Region – die Unterbindung bewaffneter und kriegerischer Auseinandersetzungen und die Öffnung der Handelsrouten zwischen Kouranko, dem Sudan und Sierra Leone für den europäischen Markt. Während der Reise trafen die Expeditionsteilnehmer verschiedene Gemeinschaften, vermittelten Treffen zwischen lokalen Machthabern und tauschten Geschenke aus. Im Februar 1883 reiste Vohsen ab, Keller blieb wohl in Rotombo und fertigte eine Karte von Sierra Leone an, die «auf den sorgfältigsten Beobachtungen und Erkundigungen beruhen". Neben den Reiserouten der Expedition sind «bewaffnete Dörfer», «Befestigungen», «Soldatenlager» und durch «den Krieg zerstörte Dörfer» markiert. Diese Karte wurden den Mitgliedern der OGCG im November 1883 vorgestellt und dem Museum geschenkt.
Quellen
OGCG-Archiv, Protokolle Monatsversammlungen 1883-1897 der OGCG, S. 2.
Ernst Vohsen: Eine Expedition in das Hinterland von Sierra Leone. Nach einem Bericht von Ernst Vohsen. Mit einem Bilde und einer Karte, in: Koloniale Rundschau. Zeitschr. für koloniale Länder-, Völker- u. Staatenkunde; Zeitschr. für d. gesamte Eingeborenenwesen, Bd. 11. Leipzig 1919, S. 121-128.
Ernst Vohsen: Eine Reise durch das Timméné-Land, in: E. Behm (Hrsg.): Mitteilungen aus Justus Perthe’s Geographischer Anstalt, Bd. 29. Gotha 1883, S. 355, 372-376.
Sierra Leone und das Timméné-Land". Karte nach den Forschungen der Vermincksch Expedition unter E. Vohsen, Dr. W. Hart und E. Keller 1882. 1: 600 000.